Schulreisen begleiten GaLeMo-Schüler*innen von der ersten bis zur neunten Schulstufe, aber nicht nur diese - sondern natürlich auch deren Eltern. Als Vater einer schulreisenden Tochter ist Ronald Amesmann-Haselbacher, der obligate Autor dieser Zeilen, nachgeradezu prädestiniert, in diesem herbstlichen Nachtrag zu einer sommerlichen Schulreise seine Ein- und Ansichten - und vor allem seine Sorgen!, Ängste!! und Nöte!!! - zu diesem Thema mit uns zu teilen.
HUBSCHRAUBEREINSATZ
Als der Autor dieser Zeilen selber noch ein jüngeres Semester unter den jüngeren Semestern war, sah man Kinder- und Jugendschutz durchaus noch ein wenig entspannter als heute:
Während der endlosen Autofahrten in den sonnigen Süden auf heillos verstopften Bundesstraßen entsprach in der verrauchten Familienkarosse die Rückbank, auf der gelangweilt herumgekugelt wurde, dem Kindersitz, Sicherheitsgurte mussten erst noch erfunden werden und die Kindersicherung bestand aus drastisch geschilderten Gefahren des gestresst am Volant sitzenden Vaters, an dessen Regeln man sich aus Angst um Verlust von Leib und Leben besser freiwillig hielt.
Helme beim Sport waren höchstens Helden wie Franz Klammer bei den wildesten Abfahrtsläufen (selbst Ingemar Stenmark trug nur Zipfelmütze!), Eddy Merckx auf den riskantesten Bergetappen der Tour de France und Niki Lauda im Cockpit auf den damals noch lebensgefährlichen Grand Prix-Strecken vorbehalten, und unsere stolz erledigten Besorgungen in Apotheken oder Trafiken endeten nicht vor vom Gesetzgeber für Minderjährige verschlossenen Türen, sondern mit einem dicken Lob und ebensolchen Trinkgeldern seitens der großzügigen Auftraggeber.
Es nimmt daher auch nicht Wunder, dass Skikurse, Landschul- und Sportwochen damals eine mehr als nur willkommene Verschnaufpause für alle involvierten Erziehungsberechtigten darstellten, in der durch die seinerzeit limitierten Kommunikationsmöglichkeiten eher das Prinzip „Aus den Augen, aus dem Sinn“ galt, während die lieben Kleinen, endlich der elterlichen Kontrolle entzogen, hemmungslos und ungeniert erste neugierige Kontakte mit legalen Rausch- und Genussmitteln, amourösem Kuddelmuddel und unflätigen Erweiterungen ihres Sprachschatzes machen konnten.
Helikopter-Eltern von heute können über diese haarsträubenden Missstände aus dem Jahre Schnee lediglich entsetzt, empört und verwundert den Kopf schütteln, allerdings nur, wenn sie zwischen der dauernden GPS-Überwachung ihrer Kinder mittels diverser Apps und Gadgets, dem Stress der ständigen Erreichbarkeit auf allen verfügbaren Kanälen und dem Ausmalen jeder nur erdenklichen Gefahren- und Bedrohungsszenarien auch ausreichend Zeit dafür fänden.
Viel zu groß sind die möglichen Risikofaktoren, die auf Schulreisen unter anderem durch fahrlässige Aufsichtspflichtverletzungen, heimtückische Nahrungsmittelunverträglichkeiten, gemeingefährliche Spielgeräte, lebensbedrohliche Stockbetten, verantwortungslosen Schlafmangel, trügerische Gewässer, gesundheitsgefährdende Temperaturunterschiede, mangelnde Hygiene, bösartiges Ungeziefer und seelische Grausamkeiten dem schutzlosen Nachwuchs drohen, als dass die kinderlose Zeit unbeschwert, ohne Panikattacken und ruhig schlafend genossen werden kann.
Ganz klar: Mehr Gelassenheit, Ruhe und Vertrauen täte Not. Und wenn sogar der Autor dieser Zeilen, seines Zeichens betulichster aller Helikopterväter, das behauptet, muss ja etwas Wahres dran sein.
Möge unseren Kindern in diesem Sinne niemals Schlimmeres auf einer Schulreise widerfahren als jene kleine subversive Gemeinheit, die sich der Autor dieser Zeilen seinerzeit am Rückweg von seiner Sportwoche erlaubt hatte, als er die Kassette (heute: Streaming-Playlist) von der grauenerregenden Mädchenschwarmband THE TEENS (heute: BTS), die er im Auftrag deren Klassenfanclubs dem Busfahrer zum Abspielen brachte, heimlich mit seiner Aufnahme der berüchtigten SEX PISTOLS (heute: Alle Acts am Nova Rock) zum großen Entsetzen aller Mitreisenden vertauschte.
Illustration: Lili Haselbacher